Spiel des Lebens
Predigt zu 1. Petrus
3,8-17
Die Gnade unseres Herrn Jesus
Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit
uns allen. Amen.
Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich,
barmherzig, demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit
Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr
Segen erbt. Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine
Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen.
Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach.
Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr
Gebet; das Angesicht des Herrn aber sieht auf die, die Böses tun« (Psalm
34,13-17). Und wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten
nacheifert? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr
doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; heiligt
aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung
vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch
ist, und das mit Sanftmut und Ehrfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit
die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in
Christus schmähen. Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um
guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.
„Sehn sie,“ sagt der Soziologe,
immerhin im Dienst einer evangelischen Landeskirche, „das macht mir das
Christsein so schwer, dass man quasi schizophren wird. An dieser Schizophrenie,
dieser Spaltung meiner Persönlichkeit, leide ich:
Hier mein Dienst in der Kirche und
dort meine Zeitgenossenschaft. Und das eine hat mit dem anderen rein gar nichts
mehr gemein. Unsere Kirche und die Kultur haben sich völlig auseinanderentwickelt.
Und ich will an beidem teilhaben.
Was hat mein kirchlicher Dienst noch
zu tun mit der Kunst, dem Theater, der Literatur, den Medien und dem
alltäglichen Leben der Menschen?“
Liebe Gemeinde, ich verstehe ihn, den
Soziologen, mit dem ich sprach.
Ich verstehe ihn mit seinem Gefühl
der Fremdheit im zeitgenössischen Kontext. Ich verstehe ihn in seinem Leiden
daran, ein Exot zu sein, mit seinem Leiden daran, das Herz an etwas gehangen zu
haben, dass für immer mehr Menschen schlicht kein Thema mehr zu sein scheint:
Wer spricht noch über Gott und den
Glauben und die Kirche?
Klammer auf: viel mehr Menschen tun
das, als wir oft wahrhaben wollen. Klammer zu.
Christsein als Fremdsein - keine neue
Erfahrung.
Der erste Petrusbrief beginnt:
„Petrus, ein Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge...“
Wer Gott ins Spiel der Welt bringt,
dem ist kein Ruhebänkchen gegönnt, der muss damit rechnen, raus zu fliegen.
Kann ich nur sagen: „Mensch, ärgere
dich nicht!“ oder mit dem ersten Petrusbrief: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem
oder Scheltwort mit Scheltwort“. Deshalb wütend die Würfel in die Ecke zu werfen
und das Spielfeld zu verlassen, ist eines guten Spielers nicht würdig.
Man muss als Christenmensch durchaus
auch Verlierer sein können, um zu gewinnen.
Die Erfahrung der Fremdheit, des
Ein-Stück-weit-draußen-sein, gehört zum Christsein dazu wie 32 Karten zum
MauMau. Man muss nur aufpassen, dass man deshalb nicht gleich eine Runde
aussetzt, das Leben Leben sein lässt und den Glauben Glauben.
Sich eben genau in die Schizophrenie
begibt, von der Soziologe sprach.
Die Ermahnungen der Briefe der Bibel
- sie speisen sich vielfach aus der Tradition des Alten Testaments - die
Ermahnungen der Briefe machen vor allem eines deutlich: dass Glaube und Leben
nicht auseinanderdividiert werden dürfen.
Beides muss miteinander ins Spiel
gebracht werden.
Und dazu gibt es Spielregeln.
Vielleicht tun wir gut daran, die Ermahnungen der Bibel als solche Spielregeln
aufzufassen.
II.
Manchmal, wir merken es an unseren
Kindern, muss man Spielregeln auch ändern.
Der Glaube als ein heiliges Spiel:
Im Spiel bin ich ganz präsent
(Schiller schrieb einmal: Der Mensch sei nur da ganz Mensch, wo er spielt), das
Spiel ist ernst aber doch mit Spaß und Heiterkeit, spannend aber nicht
zerreißend, Regeln kennend, aber nur, wenn ich mich darauf einlasse, und vor
allem: Am Ende mit Gewinn.
Nun also die Spielregel aus unserem
Text:
1.
Das Spielfeld des Christenmenschen
ist das Leben als Ganzes, nicht nur die Kirche. Das ganze Spielfeld darf
bespielt werden.
Dabei geht es darum, das Leben lieb
zu haben und gute Tage zu sehen.
Damit wir das glauben, zitiert der
Schreiber des ersten Petrusbriefes einen Psalm aus dem Alten Testament: „Wer
das Leben lieben und gute Tage sehen will...“
Christenmenschen, und das teilen sie
mit den Juden, sind Liebhaber des Lebens, des Lebens in seiner ganzen Fülle.
Das ist, gerade in bestimmten
protestantischen Traditionen, etwas verpönt, nach guten Tagen, nach
„Lebensglück“ zu streben.
Warum, frage ich mich, warum
überlassen wir es allzu oft anderen, den Menschen zu einem glücklichen Leben zu
raten? Warum machen wir das so selten zu unserem Thema: Gott will, dass du ein
glücklicher Mensch bist.
Warum machen wir das so selten zu
unserem Thema, freilich mit dem uns eigenen christlichen und darum in der
Gesellschaft fremden Akzent: Dein Glück, lieber Mensch, kannst Du natürlich
versuchen zu erreichen, indem du andere rauskickst und radikal blockierst und
an deinen Grenzen abweist.
Malefiz aber ist nicht unser Spiel:
„Wende dich ab von Bösen und tue Gutes“ heißt es im ersten Petrusbrief und
schummeln sollst du auch nicht: „hüte deine Lippen, dass sie nicht betrügen“.
Christenmenschen sind Liebhaber des
Lebens als Ganzem, nicht nur eines religiösen Teilbereiches. Wenn es uns
gelänge, dies wieder deutlich zu machen, dann, bin ich sicher, würden wir auch
wieder mehr Mitspieler finden.
2.
Das Ziel des Spiels: Ihr seid dazu berufen,
den Segen zu ererben.
Ich weiß nicht, welche Bedeutung der
Segen für Sie hat. Ich vermute mal, ein sehr Hohe. Wenn ich am Ende des
Gottesdienstes nur „Tschüß und kommen sie gut nach Hause“ sagen würde, das wäre
für viele ein Skandal.
Ich kannte eine Frau, die war beinahe
taub. Von meiner Predigt hat sie so gut wie gar nichts verstanden. Und trotzdem
ging sie Sonntag für Sonntag in die Kirche, nur um am Ende gesegnet zu werden.
Von der Predigt nahm sie nichts mit, aber den Segen.
Ich habe das Gefühl, dass viele
Menschen instinktiv wissen, dass der Segen ihr Leben mit Gott in Verbindung
bringt.
Der Segen ist sozusagen die
Nahtstelle zwischen dem Gottesdienst und dem alltäglichen Leben: Er sagt dir
zu: Gott geht mit dir in dein Leben. Er wünscht dir, dass Gott dein Leben
gelingen lasse, dass es dir gut gehe, dass du glücklich bist.
Der Segen kann es nicht machen. Aber
er rechnet damit.
Er rechnet damit, dass Gott in
unserem Leben Gutes bewirkt.
Wenn sie so wollen, ist das zwar hoch
gepokert, aber mit einem sicheren Blatt: Wir sind dazu berufen, dass wir den
Segen erlangen: Gott geht mit uns ins Leben, in den Alltag, in die Arbeit, die
Freizeit, die Familie. Wer ihn allein hier in die Kirche verbannen will, hat
schon verloren. Ihr seid dazu berufen, dass ihr den Segen ererbt.
Christenmenschen sind zum Segen Gottes berufen.
3.
Und wie geht es nun?
„Seid allezeit bereit zur
Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die
Hoffnung, die in euch ist.“
Wer sich mit Liebe zum Leben und gestärkt
durch den Segen Gottes ins Spiel des Lebens begibt, wird merken, dass seine
Fremdheit Interesse weckt.
Das Menschen diese Liebe zum Leben,
die Kraft des Segens spüren und dastehen, wie die Kinder am Rand des
Fußballfeldes.
Und dann liegt es an uns, zu sagen:
Komm rein, Spiel mit. So geht das Spiel.
Christenmenschen spielen nicht gern
allein.
Sie laden ein, mitzuspielen.
Vielleicht müssen wir dieses Einladen
gemeinsam noch lernen.
Vielleicht müssen wir noch unsere
Sprachfähigkeit in Sachen des Glaubens entdecken: Wie erzähle ich anderen von
meinem Glauben, meiner Hoffnung, meinem Glück.
Vielleicht brauchen wir dazu auch
neue Sprachspiele: Neue Medien, neue Kanäle, neue Orte…
Wie lernt man das: Am Besten wohl,
wie man Spiele lernt: Durchs ausprobieren. Fehler sind erlaubt. Und Spaß auch!
III.
Liebe Gemeinde, ich habe mir erlaubt,
den Predigttext ernst zu nehmen, in dem ich ihn leicht nehme. Nicht als
bitterernste Ermahnungen habe ich die Worte im 1. Petrusbrief gelesen, sondern
als Spielregeln für das Spiel des Lebens.
Ich weiß, dass Leben ist kein Kinderspiel.
Und doch sieht die Bibel in aller
Schwere immer wieder eine heitere Gelassenheit, die denen geschenkt ist, die
darum wissen, dass der Friede Gottes höher ist als all unsere Vernunft. Er
bewahre unsere Herzen und Sinne in Ewigkeit.
Und der Friede Gottes, welcher höher
ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher
ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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