Am Ende steht der Segen...

Predigt am Sonntag Miserikordias Domini zu Hebräer 13,20-21

Am Ende, liebe Gemeinde, steht der Segen. Und mit ihm am Ende, ein guter Anfang.

Hebräer 13, am Ende des Hebräerbriefes steht der Segen, damit wir anfangen können mit dem guten Leben. Hebräer 13,20-21:

Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Und weil wir es vielleicht nicht mehr so gewohnt sind, Sätze mit so vielen Nebensätzen und grammatikalischen Bezügen beim ersten Hören schon zu verstehen, lese ich diesen Segen noch einmal, nun aber in der Übersetzung der Basisbibel:

Gott ist es, der Frieden schenkt.Er hat den großen Hirten der Schafe, unseren Herrn Jesus, heraufgeführt aus dem Totenreich.Durch sein Blut hat er den ewigen Bund in Kraft gesetzt.Gott mache euch fähig zu allem Guten, damit ihr tun könnt, was er will.Er schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus.Der regiert in Herrlichkeit für immer und ewig.Amen.

Man muss kein Theologe sein, um schon im Hören zu erfassen, dass sich hier einer einer Sprache bedient, die man nicht auf den Gassen oder draußen am Brunnen spricht, sondern einer Sprache, die ihren Ort hat im Kontext von Gottesdienst, Kult und Spiritualität: Geprägte Sprache, formelhaft, liturgisch „für immer und ewig. Amen“

Am Ende, liebe Gemeinde, steht der Segen, in geprägter Sprache, formelhaft, liturgisch „…und gebe dir Frieden. Amen.“ Am Ende des Gottesdienstes zum Beispiel.

Oder wie hier: Am Ende eines langen Traktates, in dem es darum geht, sich dem Heiligen anzunähern, einen neuen Kult zu denken, der uns Gott nahebringt.

Am Ende steht er, aber nicht, um abzuschließen, sondern um aufzuschließen. Steht dort, nicht um die Welt des Heiligen abzuschließen gegen die des Profanen, sondern um sie zu verbinden, die Brücke zu schlagen von Gottes Wahrheit in unsere Wirklichkeit, von seinem Heil zu unserem Tun, von seiner Ewigkeit in unsere Zeit.

Der Segen, liebe Gemeinde, verbindet diese Welt mit Gott, schlägt die Brücke von dort nach hier.

Der Gott des Friedens …mache uns tüchtig, seinen Willen zu tun.

Darum geht es im Segen: Dass Gottes Wahrheit Einzug hält in unsere Wirklichkeit.

II.
Gottes Wahrheit: Er ist der Gott des Friedens. Der Gott des Schalom.

Und das meint: Eine Welt… ach, nehmen wir doch die prophetischen Phantasien: eine Welt, da die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern. Wo ein kleiner Knabe Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben kann. Wo Kühe und Bären zusammen weiden und ihre Jungen beieinander liegen und Löwen Stroh fressen wie die Rinder. Wo Säuglinge spielen am Loch der Otter und Kinder ihre Hände stecken in die Höhlen der Nattern. Wo man nirgends Sünde tun wird noch freveln. (Jesaja 11).

Eine Welt, wo sie ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Spieße zu Sicheln machen. Wo kein Volk wider das andere das Schwert erheben wird und sie es nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
Und ein jeder unter seinem Weinstock sitzen oder unter seinem Feigenbaum wohnen wird und niemand wird sie schrecken (Mi 4,1ff).

Kein faschistoider Machthaber im Kreml, und kein pseudodemokratischer Präsident in Kiew, und keine Terroristen mit vermummten Gesichtern und keine Revolutionäre bewaffnet mit allem, was die Rüstungsindustrie zu bieten hat, und keine Diktatoren, die sich zynisch rühmen, Garanten des Friedens zu sein . Und Todesurteile werden nicht in Sekunden verhängt über tausende Muslimbrüder und über Stunden vollstreckt mit gepanschtem Gift in amerikanischen Todeszellen. Und die Chinesen besinnen sich eines Besseren und gewähren Freiheit und Menschenrechte und wirken ein auf Nordkoreas menschenverachtenden Machthaber, der lässt sein Volk ziehen.

Liebe Gemeinde, ich könnte ja noch Stundenlang weiter reden, um Gottes Wahrheit zu kontrastieren mit der Wirklichkeit, in der wir leben.

Doch davon allein, liebe Gemeinde, ginge ja noch kein Segen aus.

Denn es würde den Graben nur noch weiter aufreißen, der trennt, zwischen Gottes Wahrheit und unserer Wirklichkeit.

Der Segen aber überbrückt die Gräben und zeigt einen anderen Weg.

III.
„Der Gott des Friedens aber, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt“.

Der Segen setzt Menschen auf die Fährte, in diesem, ihrem ach so profanen Leben, gelebt unter den Bedingungen des Alltages und in den Ordnungen dieser Welt, in diesem ihrem Leben das Gute zu suchen, nach Gottes Willen zu fragen, zu leben so, dass es ihm gefällt.

Wohlbemerkt: das ist ein Segen. Es ist kein menschliches Vermögen.
Es ist Geschenk Gottes an diese Welt, so fern sie ist von ihm und seinem Frieden: Dass Menschen in ihr das Gute wirken und nach Gottes Willen leben, ist ein Geschenk Gottes.

Das griechische Wort meint, dass jemand in einen Zustand versetzt wird, befähigt wird, etwas, nämlich das Gute, zu tun.

Also: Der Gott des Friedens ist es, der Menschen in die Lage versetzt, Gutes zu tun, seinen Willen zu tun, zu schaffen, was ihm gefällt.

Nicht immer im Großen und Ganzen, manchmal ja auch nur im Kontext der Familie, im Leben in der Nachbarschaft, im Mittun in der Gemeinde, im Wirken in der Politik, der Wirtschaft, der Gesellschaft…

Es ist Gottes Segen, wo Menschen danach fragen, was Gottes Wille ist, was das Gute ist, was ihm gefällt. Gottes Segen, sein Geschenk an diese Welt.

Liebe Gemeinde, damit wird noch einmal etwas deutlich, was für den Segen ganz elementar ist, nämlich dies, dass wir den Segen nicht machen können. Wir können wohl ein Segen sein, aber wir können ihn nicht machen. Er bleibt unverfügbar.

Dort, wo in der alttestamentarischen Erzählung der Segen eingesetzt wird, dort übergibt Gott dem Mose die Worte des Segens: „Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.“ Und sagt dann: „So sollst du meinen Namen auf die Israeliten legen. Ich selbst aber werde sie segnen.“ (4. Mose 6)

IV.
„Ich selbst aber werde sie segnen“. Der Segen also bleibt uns unverfügbar. Wir können ihn nicht machen.

Daran im Übrigen mag es liegen, dass auch wir Christenmenschen am Ringen um das, was Gut ist, nicht vorbei kommen. Dass wir im Fragen nach dem, was Gottes Wille ist für uns und diese Welt, manchmal zu ganz unterschiedlichen Antworten kommen. Und dass wir im Anspruch, recht zu urteilen, recht zu handeln, Wahrheit zu vertreten, gut daran tun, die Freiheit Gottes zu achten: Nicht wir sind es, die den Maßstab setzen, nicht wir sind es, sondern er, der Gott des Friedens.


V.
Liebe Gemeinde, bleibt vielleicht zum Schluss noch die Frage, ob ich denn darauf vertrauen kann, ob ich es denn wagen kann einen Fuß zu setzen auf diese Brücke, die von dort nach hier geschlagen ist.

Liebe Gemeinde, der Schreiber des Hebräerbriefes macht uns Mut, unter dem Segen zu leben, in dem er auf Gottes Bund verweist: Gottes Bund, den er mit Israel geschlossen hat und in Christus geöffnet hat für alle, die daran glauben.

Er verweist auf den Gott, der heraufführt: Israel aus der Sklaverei und Jesus aus den Toten. Auf den Gott, der einen ewigen Bund geschlossen hat und besiegelt hat in der Treue Jesu bis in den Tod. Und er nennt den großen Hirten, der über seine Herde wacht, auch dann, wenn sie in die Irre geht.

Diesem Gott sei Ehre in Ewigkeit.

Amen.

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