Wo kommt der her?




Wo Du herkommst, Jesus Christus,
da möchten wir gerne hin.

Du kommst aus dem Frieden Gottes,
wir aber leben in einer Welt im Unfrieden.

Du kommst aus der Kraft der Schöpfung.
Wir aber sind oft kraftlos im Alltag.

Du kommt aus der Wahrhaftigkeit.
Wir aber wissen oft nicht, worauf wir uns noch verlassen können.

Aber Du kommst, als Kind in der Krippe, als Christus unter den Menschen, als Sohn Gottes kraft Deiner Auferstehung,

Du kommst,
damit wir Frieden finden und die Schöpfung ihr Ziel
in deinem Reich.

Dafür sei gelobt in Ewigkeit.

Amen.


Predigt zu Johannes 7,28-29 - Christvesper an Heilig Abend 2012

Liebe Gemeinde,

an Weihnachten ist die Frage nach der Herkunft immer irgendwie präsent.

Mir jedenfalls will das so scheinen. Sie findet sich wieder zum Beispiel in dem Bedürfnis, zurückzukehren zu den Familien, aus denen man kommt.

Ich sehe heute hier in der Kirche in viele Gesichter von inzwischen Erwachsenen, die ich vor 6 oder 8 Jahren konfirmiert habe, die in alle Herren Länder ausgeschweift sind – aber zu Weihnachten, da kehrt man zurück, wenn man nicht gerade in Australien ist.

Wie wir Älteren ja an Weihnachten auch immer wieder zurückkehren – und sei es nur gedanklich – zurückkehren zu den Bräuchen und Ritualen aus Kindheitstagen,

Manches davon haben wir übernommen für unsere eigenen Feste, weil es ohne dies oder das für uns nicht recht Weihnachten sein kann.

Zu anderem kehren wir zurück, weil wir uns davon abgrenzen wollen, es für uns und unsere Familien nicht wollen, was wir damals, als wir noch Kinder waren, schon gehasst haben …

Weihnachten ist die Frage nach der Herkunft immer irgendwie präsent. Wo kommen wir her? Was hat uns geprägt? Was davon bringen wir mit in das Leben, das wir leben, zu den Menschen, mit denen wir leben?

Unsere Herkunft hat viel mit uns und unserer Identität zu tun. Wer wir sind hat viel mit dem zu tun, wo wir herkommen. Uns haftet der Stallgeruch noch an.

II.
Und so mag es auch nicht wundern, dass die Planer der Predigttexte für die Gottesdienste genau dieser Frage auch im Blick auf Jesus einen Ort am Weihnachtsfest gegeben haben.

Sie haben ein Stück aus dem Johannesevangelium herausgegriffen.

Da begegnet uns nicht das kleine Kind in den Windeln mit dem Stallgeruch von Krippe und Heu, sondern wir erleben den inzwischen groß Gewordenen auf dem Laubhüttenfest in Jerusalem.

Dort hat er Aufsehen erregt. Die einen sind begeistert, die anderen trachten ihm nach dem Leben. Und alle fragen sich: Wo kommt der her? Was ist das für einer? Ist es der Christus, der Messias, der, den die Propheten angekündigt haben als „Wunder-Rat“ und „Gott-Held“ und „Ewig-Vater“ und „Friede-Fürst“?

„Quatsch!“, sagen andere: Wir wissen doch genau, wo dieser Jesus herkommt. Josef, der Zimmermann aus Nazareth, das ist sein Vater, Maria seine Mutter. Wir kennen seine Herkunft. Wenn aber der Messias kommt, dann weiß doch keiner, wo der herkommt.


„Da rief Jesus, der im Tempel lehrte: Ihr kennt mich und wisst, woher ich bin. Aber nicht von mir selbst aus bin ich gekommen, sondern es ist ein Wahrhaftiger, der mich gesandt hat, den ihr nicht kennt. Ich aber kenne ihn; denn ich bin von ihm, und er hat mich gesandt.“


Eine kleine Szene, die eine Antwort versucht auf die Frage nach der Herkunft Jesu.

II.
Wo kommt der her?

Unter uns Weihnachtschristen hat er den Stallgeruch des Strohs der Krippe von Bethlehem, bleibt meist das kleine Kind in Windeln gewickelt, der „holde Knabe im lockigen Haar“, das „Jesulein zart“, wird ihn nicht los und darf nicht werden, was er ist. „Ihr kennt mich und wisst, woher ich bin. Aber…“

Wo kommt der her?

Das war die Frage, die die frühe Christenheit in besonderer Weise bewegte. Sie gab sich nicht zufrieden mit dem Knaben im Stroh. Denn ihre Erfahrung war eine andere, war noch nahe und fast unmittelbar in den Erzählungen derer, die ihn erlebt hatten.

Da war einer, mit dem man unvergleichliche Erfahrungen gemacht hatte. Einer, der wie kein zweiter von Gott zu reden verstand, in seinem Namen aufzutreten und zu wirken verstand. Menschen begeisterte und in Staunen versetzte, heilte, Sünden vergab und Gottes Reich ankündigte mitten unter uns.

Wo kommt der her?

Wir kennen die Erzählung und haben sie eben gehört, die der Evangelist Lukas dazu gestrickt hat, um die Frage zu beantworten. Er greift dabei auf ein Motiv zurück, das uns heute eher fremd ist und zweifeln lässt: Bei ihm wird Maria, „die von keinem Manne wusste“, schwanger – Jungfrauengeburt. Und dann treten Engel auf und deuten die Geburt dieses Kindes als Heiland der Welt.

Das war eine Möglichkeit, auszudrücken, was die Menschen in der Begegnung mit Jesus erlebt und erfahren haben: Dass da einer von Gott her kommt. Von Gott herkommt zu den Menschen. Darum nicht gezeugt wie jeder andere, sondern vom Geist Gottes gewirkt.

Liebe Gemeinde, wir lieben sie ja, die Weihnachtsgeschichte, auch wenn wir ihr nicht glauben. Wir lieben das Geheimnisvolle der Erzählung, lieben die Engel auf den Feldern, die „Jungfrau zart“, auch wenn es unserem Verstand nicht einleuchtet und wir an anderer Stelle uns ungern bekennen zur Geburt durch die „Jungfrau Maria“.

Muss man das glauben?

Der Evangelist Johannes wählt eine andere Sprache, eine, die uns in unserer Rationalität vielleicht näher kommt, zugänglicher ist für unsere Art und Weise, Wirklichkeit wahrzunehmen und sprachlich auszudrücken: „Ein Wahrhaftiger hat mich gesandt“.

Jesus wird zum Gesandten Gottes. Auch darin nicht zu reduzieren auf sein irdisches, leibhaftiges Dasein: „Ihr wisst wo ich herkomme, ihr kennt meinen Vater, ihr kennt meine Mutter – und dennoch bin ich das nicht allein.

Ich bin ein anderer. Ich bin der, den Gott gesandt hat in die Welt.“

Ob nun so oder so, liebe Gemeinde, wir kommen an Weihnachten nicht um diese Botschaft nicht herum: Dass in Jesus Gott zu den Menschen kommt.

Das ist die wesentliche Botschaft des Festes. Gott kommt in Jesus zu den Menschen.

Gott gefällt es, in diesem Menschen Jesus von Nazareth zur Welt zu kommen.

III.
Aber wer ist der, der da kommt, der uns da in diesem Nazarener begegnet.

„Ein Wahrhaftiger hat mich gesandt“, lässt Johannes Jesus sagen. „Ein Wahrhaftiger“.

Als Wahrhaftigen stellt uns Johannes Gott vor. Und damit als einen, der Treue hält, der zuverlässig ist, an dem man sich fest machen kann, dem man Glauben schenken kann. Denn all das schwingt mit, übersetzt man das griechische Wort für Wahrhaftigkeit zurück in die Sprache des hebräischen Bibel.

Wahrhaftigkeit, das ist Treue, ist Zuverlässigkeit, ist Echtheit.

Es war wohl das, was die Menschen in der Gegenwart Jesu erleben konnten: Wie ihr Leben an Wahrhaftigkeit gewann, wie es an Festigkeit, an Zuverlässigkeit und Treue gewann. Wie sie sich festmachen konnten an Gott als einem, der ihrem Leben Halt und festen Grund gibt.

IV.
Und wo kommen wir her, liebe Gemeinde?

Wir kommen her aus den Erfahrungen unseres Lebens.

Aus der Leidenschaft und der Kraft die einen,
aus Verzagtheit und Mutlosigkeit die anderen.
Mächtig vielleicht und gerade darin oft ohnmächtig.
Mutig, ängstlich, traurig, lebenslustig…
Beladen vielleicht mit Lebenslügen und voll Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit für uns und unser Leben, nach Wahrhaftigkeit in Politik und Gesellschaft

Wo wir auch herkommen: Was wir nötig haben ist dies, dass wir uns und unser manchmal brüchiges Leben festmachen können, Halt gewinnen können. Wahrhaftigkeit.

„Ein Wahrhaftiger hat mich gesandt“

Dazu ist Christus in die Welt gekommen, dass wir für uns und unser Leben, egal wo wir herkommen, Halt und Wahrheit finden in ihm, dem Gott, der Bund und Treue hält ewiglich und niemals preisgibt ein Werk seiner Hände.

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