"In den alten Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat..."

Eine echte Herausforderung ist jede Predigt. Am meisten aber die, bei denen einem noch nicht einmal ein Predigttext an die Hand gegeben ist. So wie am letzten Sonntag, als die Kinder des Kindergartens das Märchen "Vom Froschkönig" inszenierten. Was dabei herauskam, können Sie hier nachlesen:
Liebe Gemeinde,

wissen sie eigentlich, wie das Märchen vom Froschkönig beginnt?

Mit einem wunderbaren Satz:
„In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat…“

Und ich ergänze: „Ja, da hätte ich auch gerne gelebt.“

Was hätte ich mir nicht alles gewünscht im letzten Kindergartenjahr.

Wem sag ich das?

Aber so ist das Leben nun einmal nicht.

Viel eher so, dass es uns immer und immer wieder einmal aus den Händen gleitet wie dem Mädchen die goldene Kugel.

Symbol der Vollkommenheit: Die Kugel als vollkommenste aller Formen, dazu noch in Gold. Sie ist nicht zu halten.
Wie das Gute, was wir wollen, in unseren Händen nicht zu halten ist.
Wie das Vollkommene und Perfekte nicht zu fassen ist.

Das Leben konfrontiert uns immer wieder damit, dass wir nicht seine Herrinnen und Herren sind.

Und so sind wir denn immer bereit, unseren Preis zu zahlen, um wenigstens ein bisschen davon wieder zu gewinn und zu erhalten.

„Was gibst Du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?“

„Was du haben willst, lieber Frosch… meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone die ich trage.“ Aber das Leben will mehr. „Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine und deine goldene Krone, die mag ich nicht; aber wenn du mich liebhaben willst…“

„Aber wenn du mich liebhaben willst…“

Das Leben will mehr. Und wir sind schnell bereit, ihm Versprechungen zu machen, die wir nicht wirklich zu halten bereit sind: Mehr Zeit für die Menschen, mit denen ich lebe. Ehrlicher zu mir und anderen. Mich konzentrieren auf das Wesentliche. Liebe neu entdecken.

Jeder Sylvesterabend gelobt das Neue und an jeder Geburtstagstafel sitzt der gute Vorsatz zu Gast. Aber das Leben holt dich ein.

Und wir werden immer und immer wieder konfrontiert mit dem Scheitern und Versagen von Gestern und dem Unvermögen und der Ohnmacht von heute.

„Wenn du mich liebhaben willst“… Dabei will das Leben ja nicht mehr, als geliebt zu werden.

Ob es gelingen kann? Dieses unvollkommene Leben zu lieben mit seinem Scheitern und Versagen und dem, was nicht gelingen will, zu lieben?

Im Märchen klatscht die Prinzessin den Frosch an die Wand
Und in der Bibel schlagen sie Jesus ans Kreuz.

Im Märchen wird aus dem verhexten Frosch ein Prinz.
Und in der Bibel aus dem Gescheiterten Gottes Sohn.

Die Botschaft für uns:
Vergiß die goldene Kugel.
Häng dein Herz nicht an die Wünsche der Vollkommenheit.
Sondern entdecke, dass Gott die gescheiterten Lebenswege zu Ende geht, dass er das Fragment, die Bruchstücke deines Lebens sammelt und aufhebt und ergänzt, was fehlt.

Nein, Vollkommenheit ist ein göttliches Attribut und kein Spielball der Menschen. Darum: liebe dein Leben und nicht deine Wünsche.

Und vertraue auf die Zusage Gottes: Meine Kraft, ist in den Schwachen mächtig.
Amen.

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